05.07.2017
Glaube
und Menschen zusammenbringen
Bischof Karl-Heinz Wiesemann
in Bockenheim: 70 Jahre Diözesanwallfahrt des Kolpingwerkes – Dank an die
Kolpingsfamilien
Bockenheim /
Kaiserslautern (04.07.2017 / ko_tb). – „Vater Kolping hat den Handwerksgesellen
Mut gemacht, ihre eigene Lebenswirklichkeit zum Guten hin zu verändern“, sagte der
Bischof von Speyer, Dr. Karl-Heinz Wiesemann, in seiner Predigt in der
vollbesetzten Kirche St. Lambert zu Bockenheim. Und die Gesellen sollten das
Gute in der Gesellschaft gestaltend fruchtbar machen, so der Bischof weiter.
Kolping habe junge Menschen um sich versammelt und sie in eine Gemeinschaft
geführt, in der er sie durch umfassende Persönlichkeitsbildung zu „neuen
Menschen“ geformt und sie ermutigt habe als solche in der Gesellschaft zu
leben. Kern dieses „neuen Menschen“, wie Paulus es nenne, sei aber der Glaube
an Jesus Christus. Kolping habe seine Gesellen eingeladen, Christus zu folgen
und „in der Wirklichkeit des neuen Lebens zu wandeln“ (Römerbrief 6, 4).
Vor dem Gottesdienst
gedachte der Bischof gemeinsam mit Diözesanpräses Pfarrer Michael Baldauf
(Heßheim), dem Diözesanvorsitzenden des Kolpingwerkes, Diakon Andreas W. Stellmann
(Heßheim), dem stellvertretenden Diözesanpräses Pfarrer Jörg Stengel
(Landstuhl) und Pfarrer Martin Tiator (Grünstadt) im Gebet des Begründers der
Bockenheimer Wallfahrt, Pfarrer Oskar Isidor Schlachter, an dessen Grab vor der
Kirche. Nach dem Krieg hatte der damalige Diözesanpräses des Kolpingwerkes die
Kolpingsfamilien zum Kapellenfest nach Bockenheim eingeladen, um gemeinsam an
der Heiligenkirche in den Weinbergen für den Frieden zu beten. Er gab der
uralten Wallfahrt zu Peter und Paul damit eine neue Ausrichtung und ein neues
Gepräge: Die Wallfahrt sollte Glaube und Politik, Frömmigkeit und Weltgestaltungsauftrag
miteinander verbinden. So war über viele Jahrzehnte der politische Vortrag im
Anschluss an die Eucharistiefeier fester Bestandteil der Wallfahrt. Bischof
Wiesemann war es eine große Freude zu diesem Jubiläum nach Bockenheim zu
kommen. Gerne wäre er mit den Pilgern zur Heiligenkirche hochgezogen. Die
unsicheren Wetterprognosen empfahlen die Kirche als Gottesdienstraum.
Unter der altehrwürdigen
Traubenmadonna auf dem Hochaltar knüpfte Bischof Wiesemann an das Jubiläum „200
Jahre Neugründung Bistum Speyer“ an. Das Ereignis der Neuordnung der Kirche in
Deutschland im 19. Jahrhundert nach den Verheerungen der Säkularisation und der
napoleonischen Herrschaft sei in einer Zeit der völligen Veränderung der
Gesellschaft gefallen. Die mit der Industrialisierung aufgeworfene Soziale
Frage mit ihren gewaltigen Auswirkungen auf die Menschen, dem Verlust tragender
gesellschaftlicher Strukturen, der Entwurzelung aus Heimat und Familie, der
unbeschreiblichen materiellen Armut der Arbeiterschaft und der geistigen und
geistlichen Orientierungslosigkeit breiter Massen suchte nach Antworten. Es
waren Männer wie Paul Josef Nardini im Bistum Speyer und Adolph Kolping in
Köln, die Glaube und Gesellschaft miteinander in Verbindung brachten und
funktionierende Instrumente zur Bekämpfung der unmenschlichen Not und einen
Schlüssel zur Erneuerung der Kirche fanden.
Heute fänden Glaube und
Menschen nicht mehr so recht zusammen. Aber: „Der Glaube ist nicht
lebensfremd.“ Er habe durchaus überzeugende Antworten auf die vielfältigen
Fragen und Nöte der Menschen im Hier und Jetzt. „Wir müssen Zeugnis geben, was
es bedeutet, als neue Menschen zu leben.“ Die Kraft des Glaubens habe ihre
Wurzel im Gekreuzigten. Wir würden als Christen herausgefordert, selbst am
Tiefpunkt nicht zu verzweifeln. „Wir schauen auf den Gekreuzigten und bekennen:
Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen.“
Wir müssten auf innere
geistige Wanderschaft mit den Menschen gehen. Denn „Es gibt eine große
spirituelle Sehnsucht“, meinte Bischof Wiesemann. Viele Menschen seien heute
auf der leiblichen und geistigen Wanderschaft, sie pilgerten ganz real auf dem
Jakobusweg nach Santiago de Compostela und suchten nach dem Mehr als die Welt
ihnen verspricht. „Die Menschen suchen, um sich selbst wirklich zu finden.“ Wie
Kolping sich der Wanderschaft seiner Lehrjahre unterziehen musste, sollte sich
die Kirche auf Wanderschaft begeben, auf Wanderschaft mit den Menschen. In
diesen Weg gemeinsamer Wanderschaft müssten wir unseren Glauben hineingeben,
den Glauben bezeugen. Das bedeute auch sich aussetzen, seinen Glauben aussetzen,
ihn mit Mut bekennen. Und es werde sich zeigen: „Viele Menschen werden
aufmerksam und beginnen zu hören.“
Sich mit den Menschen
auf Wanderschaft begeben, sei im 19. Jahrhundert Aufgabe der Kirche gewesen und
ist heute Herausforderung für die Christen. Wir müssten dies tun nicht als
„Wissende“, die den „Unwissenden“ nur in rechter Weise die eine Wahrheit zu
verkünden hätten, sondern als Suchende mit den Suchenden, die miteinander sich
aufmachen gemeinsam die Wahrheit des Lebens zu finden.
Ein herzliches Wort des
Dankes richtete der Bischof an alle Kolpingschwestern und –brüder: „Danke dafür,
dass sie das Banner des Gesellenvaters hochhalten. Danke für ihr Mitgehen und
Gestalten in Kirche und Gesellschaft. Danke für jedes einzelne Zeugnis.“
Bischof Wiesemann ermutigte die Kolpingmitglieder, dem großen Vorbild Adolph
Kolping zu folgen. „Kolping ist ein wichtiger Verband auf dem Weg unseres
Bistums in eine Zukunft, die noch keiner kennt. Christus ist der Pilger
schlechthin. Er geht mit uns.“
Im
Anschluss an das Pontifikalamt folgten die Pilger dem Bannermarsch der
Kolpingsfamilien zur Festhalle Emichsburg. Dort fand eine Statio statt, die
Andrea und Jürgen Storminger (Dirmstein) gestalteten. In der Festhalle
informierte der Diözesanvorsitzende Stellmann über aktuelle Entwicklungen im
Kolpingwerk. Stellmann verwies u.a. auf die Stellungnahme des
Kolping-Bundesvorstandes zum Beschluss des Bundestages, die „Ehe für alle“ zu
ermöglichen. Das Kolpingwerk bedaure
diese Entscheidung. Damit würde
das Verständnis von Ehe als Lebens- und Liebesgemeinschaft von Frau und
Mann als prinzipiell lebenslange Verbindung mit der grundsätzlichen
Offenheit für die Weitergabe von Leben aufgegeben. Eine Unterscheidung
zwischen Ehe und einem Rechtsinstitut für eingetragene Partnerschaften
bedeute, so Stellmann, keine Diskriminierung. Ganz im Gegenteil werde
damit der Unterschiedlichkeit von gleichwertigen Lebensformen adäquat
Rechnung getragen.
Das frohe und gelöste
Miteinander der Wallfahrer umrahmte die Kolpingkapelle Ramsen unter der Leitung
von Günter Wilding. Ein gemeinsames einfaches Mahl beschloss die Jubiläumsveranstaltung.
Diakon Andreas Stellmann dankte allen Beteiligten für ihren Beitrag am Gelingen
der traditionsreichen Wallfahrt. Er dankte dem Kirchenchor Bockenheim unter der
Leitung von Gisela Bretscher für den Chorgesang in der Kirche, Frau Bretscher
für die Orgelbegleitung, der Kolpingkapelle Ramsen für die musikalische
Akzentsetzung in der Emichsburg, der Kolpingsfamilie unter der Vorsitzenden
Ruth Peters für die gesamte organisatorische Arbeit, insbesondere bei
Herrichtung und Abbau im Saal, der Versorgung der Gäste mit Speise und Trank. Mit
dem „Vater Kolping“-Lied endete die Wallfahrt.
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